BMBF: Erfolg bei Antibiotikaresistenz
Mit über 110 Mio. Euro fördert das Bundesforschungsministerium als Koordinator einer international von der WHO aufgelegten Intitiative die Entwicklung von Wirkstoffen, die die zunehmenden Antibiotikaresistenzen in einzelnen Krankheitsgebieten durchbrechen sollen. Bei Gonorrhoe/Tripper kann nun ein erster Erfolg verbucht werden.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hatte im vergangenen Jahr seine Unterstützung für die Non-Profit-Organisation ‚Global Antibiotic Research & Development Partnership‘ (GARDP) zur Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika ausgeweitet und nochmal 50 Mio. Euro in den Fördertopf gelegt. Die GARDP ist eine 2016 von der World Health Organization (WHO) und der „Drugs for Neglected Diseases initiative“ (DNDi) gegründete gemeinnützige Initiative zur Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika mit Sitz in der Schweiz. Seit 2019 ist GARDP eine unabhängige Organisation und wurde bereits von 2018 bis 2022 mit insgesamt 61,7 Mio. Euro durch das BMBF gefördert.
Im Fokus von GARDP stehen bakterielle Infektionskrankheiten, bei denen antimikrobielle Resistenzen (AMR) bereits vorhanden sind oder bei denen derzeit eine unzureichende Behandlung vorliegt. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte die Gefahr der „leisen Pandemie“ immer wieder betont: „Multiresistente Bakterien stellen weltweit eine immer größere Gefahr für Menschen dar. Selbst bislang leicht zu behandelnde bakterielle Infektionen können so lebensgefährlich werden, da viele Antibiotika gegen solche Erreger nicht mehr wirken. Deshalb freue ich mich, dass mein Haus die ‚Global Antibiotic Research and Development Partnership‘ mit weiteren 50 Mio. Euro für die Erforschung und Entwicklung dringend benötigter, innovativer Antibiotika unterstützen wird. Somit bleibt Deutschland auch weiterhin international ein starker und zuverlässiger Partner bei der Bekämpfung multiresistenter Bakterien.“ Als ganz konkretes Ziel hatte sich GARDP gesetzt, bis 2025 fünf neue Therapien gegen arzneimittelresistente Infektionen zu entwickeln.
Dies ist auch dringend nötig, da die Pharmaindustrie im Wesentlichen Abstand zur Entwicklung von neuen Antibiotika hält, allenfalls in einigen Konsortien mit kleineren Unternehmen und akademischen Partnern aktiv ist, jedoch wegen mangelnder Ertragsperspektive kein gesteigertes Interesse zeigt, viel eigenes Geld in neue Forschung zu stecken. Auch neue Modelle der finanziellen Anreizsysteme, der eigentlich nur auf „Vorrat“ zu entwickelnden Antibiotika, die im besten Falle nie zum Einsatz kommen, haben beim Thema AMR noch keine Durchbrüche geliefert.
Nun meldet ein Unterprojekt innerhalb von GARDP einen bemerkenswerten Erfolg. Die Stiftung hat erstmals Ergebnisse einer großen klinischen Studie vorgelegt – zu einem Medikament gegen die Geschlechtskrankheit Gonorrhoe (Tripper). Demnach wirkt das Mittel gegen die Bakterien und sei „allgemein gut verträglich“. Es habe keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse oder Todesfälle gegeben. Die positiven Studienergebnisse seien „ein bedeutender Meilenstein“ in der Entwicklung des neuen Antibiotikums, teilte GARDP mit. Es waren über 900 Patienten in die Phase III-Studie eingeschlossen, die mit den Sponsorgeldern der öffentlichen Hand durch den Kooperationspartner Innoviva Inc. durchgeführt worden war. Der Wirkstoff Zoliflodacin verfügt über einen einzigartigen Wirkmechanismus, da es ein entscheidendes bakterielles Enzym namens Typ-II-Topoisomerase hemmt, das für die bakterielle Funktion und Vermehrung unerlässlich ist. Frühere In-vitro-Studien haben gezeigt, dass es gegen multiresistente Stämme von Neisseria gonorrhoeae wirksam ist. Sollte das Mittel von den zuständigen Behörden zugelassen werden, wäre es das erste neue Antibiotikum gegen Gonorrhoe seit Jahrzehnten.
Die Krankheit ist eine der häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen – mit mehr als 80 Millionen Fällen pro Jahr. In vielen Ländern, vor allem in Südostasien, breiten sich Resistenzen aus. Die vorhandenen Medikamente wirken deshalb häufig nicht mehr. 2013 hatte die Gesundheitsbehörde der USA resistente Gonorrhoe-Erreger als „akute Bedrohung“ eingestuft. In manchen Darstellungen heißt es, dass nur mehr ein einziges Antibiotikum gegen den Erreger wirklich wirksam sei.
Der Erfolg einer vollständig mit öffentlichen Geldern finanzierten Medikamentenentwicklung im Feld der AMR in einer stark durch das BMBF koordinierten Kraftanstrengung von Experten aus Klinik, Pharmazie und Mikrobiologie kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, wenn wirklich die Zulassung erfolgen sollte.